Alpakatrekking als Naturschauspiel

09/09/2017

Ein roter Faden als Garant für eine gelungene Führung Seit einigen Jahren führt die Naturschutzabteilung des Landes Oberösterreich überaus erfolgreich Themenführungen in Schutzgebieten durch.

Als Waldpädagogin und als Schifffahrtsunternehmer hatten wir bereits von Anfang an die Möglichkeit, diese sogenannten „Naturschauspiele“ aktiv mitzugestalten. Nachdem wir uns 2014 dazu entschlossen hatten, nachhaltige Landwirtschaft mit Alpakas zu betreiben, war das Anbieten von Führungen in Begleitung von Alpakas die notwendige Konsequenz und gleichzeitig eine Herzensangelegenheit.

Aus unserer Erfahrung ist schon die bloße und unmittelbare Anwesenheit der Tiere für die Teilnehmer einer Trekkingtour ein tolles Erlebnis. Dies nährt natürlich den Glauben, dass solch eine Tour immer und unter allen Umständen funktioniert. Doch spätestens dann, wenn man sich beispielsweise einer Gruppe Jugendlicher, die von ihrer Lehrerin zwangsverpflichtet wurden, gegenübersieht oder in die Augen erschöpfter Eltern blickt, die ihren doch sehr verhaltenskreativen Kindern den ultimativen Familienausflug bieten wollen, ja spätestens dann wird klar, wie unabdingbar die entsprechende Vorbereitung einer Führung ist. Vorbereitung bedeutet für uns eine Veranstaltungsplanung, bei der am Ende ein „Drehbuch“ steht. Die entscheidende Frage bei der Erstellung solch eines „Trekkingdrehbuches“ ist die nach der Leitidee, der Botschaft. Diese sollte sich, einem roten Faden gleich, durch die Veranstaltung ziehen.

Bei unserer Führung, die wir unter dem Titel „Inkagold im Mühlviertel“ veranstalten, zeigen wir beispielsweise auf, dass es seit der Entdeckung Amerikas immer einen Austausch von Pflanzen und Tieren zwischen den Kontinenten gegeben hat und es lediglich die historischen Voraussetzungen und Werthaltungen der Entdecker waren, die verhindert haben, dass Alpakas früher in Europa heimisch wurden. So kann die oft schon zu Beginn gestellte Frage: „Was machen Alpakas in Europa - die kommen doch aus Südamerika?“ mit der Gegenfrage „Was machen Pferde in Amerika - die kommen doch aus Europa?“ beantwortet werden. Wir wollen also bei der Tour vermitteln, dass unsere Tiere trotz ihrer südamerikanischen Herkunft sehr wohl ihre Daseinsberechtigung in Europa haben, um damit die Akzeptanz der Bevölkerung für Alpakahaltung zu heben.

Bevor es los geht, muss natürlich die notwendige Orientierung und Klarheit angeboten werden. Wer zu Beginn nicht leitet, sondern die Sache irgendwie laufen lässt, provoziert geradezu Unsicherheit und Stress bei den Teilnehmern und bei den Tieren. Nicht nur bei Kindern und Jugendlichen vermitteln wir durch einfache Anweisungen, wie etwa die Führleine gehalten oder dass nur vor oder neben den Tieren gegangen wird, die notwendige Sicherheit.

Nach der Vorstellung der Tiere werden die Teilnehmer zu einem ersten gruppendynamischen Prozess angeleitet, indem sie aufgefordert werden, die Tour gemeinsam zu starten. Sehr schnell fühlen sich die Menschen mit der Alpakaherde nicht nur verbunden, sondern sogar als Teil dieser. Denn die Erfahrung des Faktums „wenn einer geht (steht), gehen (stehen) alle“ wird schnell gemacht. Natürlich kommt es auch vor, dass unsere Tiere die Mitarbeit vorerst verweigern. Nun könnten wir natürlich versucht sein, selbst ein Tier zu führen um die Karawane in Bewegung zu setzen. Es ist jedoch zielführender, den Grund für die Verweigerung, der oft im Verhalten der Gäste liegt (zu große Unruhe, mangelndes Einfühlungsvermögen, mangelnde Kooperation der Gruppe, …), zu beseitigen. Dies ist auch deshalb absolut erforderlich, weil uns zwar die Bedürfnisse unserer Gäste sehr wichtig sind, uns aber die Tatsache, dass unsere Touren den Alpakas keinen Stress, sondern Freude bereiten, sehr am Herzen liegt.

Meist geben unsere Tiere den Zeitpunkt für einen Zwischenstopp vor. Ein Rascheln im Unterholz, etwas mehr oder weniger Wasser im Bach, der uns begleitet - immer wieder halten die Tiere inne, um ihrem Wesen als Fluchttiere, die ihre Umwelt mehr als genau beobachten und wahrnehmen, gerecht zu werden. Dieses Innehalten nutzen wir auf der einen Seite, um den roten Faden unserer Expedition zu spinnen oder Fragen der Teilnehmer zu beantworten. Andererseits werden die Gäste zur intensiven Naturbeobachtung angehalten. Natürlich werden im Verlauf der Tour durchs Naturschutzgebiet von den Tieren auch Wiesenflächen mit schmackhaften Kräutern angesteuert. Dies lassen wir auch zu. Denn jedes Mal wieder sind die menschlichen Begleiter beeindruckt, wie sanft und schonend die Tiere bei der Nahrungsaufnahme agieren und werden dabei als ideale Weidetiere erlebt, deren Haltung in unseren Breiten somit mehr als berechtigt ist. Und schon ist der rote Faden aufgenommen!

Dass wir unsere „Wolldelphine“ auch als die Fasertiere schlechthin präsentieren, versteht sich von selbst. Hier bietet sich methodisch die Gelegenheit die Gäste selbst etwas tun zu lassen. Beim Spinnen eines Fadens aus dem Vlies unserer Tiere mit Hilfe einer Handspindel lässt sich nicht nur Feinheit und Handling der Faser erfahren. Etwas selbst Gemachtes mit nach Hause zu nehmen, erhöht den Erlebnisfaktor der Veranstaltung - nicht nur für Kinder. Ergänzend präsentieren wir eine Auswahl von Produkten, die wir aus der Faser fertigen und fertigen lassen: Gestricktes, Gefilztes, Gewebtes und unsere Bettdeckenfüllungen. Und schon ist der rote Faden ein Stück länger!

Sollten zu diesem Zeitpunkt der Führung die Teilnehmer unsere tiefste Überzeugung, dass Neuweltkameliden als Nutztiere ihre absolute Daseinsberechtigung im Mühlviertel haben, noch nicht nachvollziehen können, da hilft uns „solanum tuberosum“ - die Kartoffel. Immer wieder blicken wir in erstaunte Gesichter, wenn wir die urtypische Kulturpflanze unserer Region bei einem Picknick als peruanische Spezialität anbieten. Die wenigsten Teilnehmer wissen nämlich, dass diese typisch österreichische Beilage aus demselben Ursprungsland wie das Alpaka stammt und es eben immer schon einen Austausch von Pflanzen und Tieren zwischen den Kontinenten gegeben hat. Und das ist er schon wieder, unser roter Faden!

Nach dem gemeinsamen Picknick, das das Gruppengefühl stärkt und als Höhepunkt der Führung erlebt wird, besteht noch einmal die Möglichkeit zur Aktivität. Mit einem transportablen Hüftwebrahmen, wie er noch heute in Peru Verwendung findet, kann anschaulich erfahren werden, wie mühsam der Weg vom gesponnenen Faden zum Kleidungsstück ist. Schließlich wird die Frage geklärt, wie uns die Haltung von Alpakas ermöglicht, nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben, bei der man Tiere nicht in den Stall sperrt, Futterflächen nicht überdüngt und so Artenvielfalt auf der Weide erhält.

Am Weg zurück zum Ausgangspunkt, bei dem das Herdengefüge zwischen Mensch und Tier meist perfekt funktioniert, kann sich kaum einer der Teilnehmer der wunderbaren Ausstrahlung der Andenkamele entziehen. Dann passiert es immer wieder, dass die Gäste begeistert über die Vielseitigkeit der Alpakas reflektieren. Jetzt haben die Gäste den roten Faden übernommen! Besonders in Erinnerung geblieben ist uns die Aussage eines gestandenen Mühlviertler Landwirtes, der eine herkömmliche Landwirtschaft betreibt. Dieser war von seiner Tochter, die offensichtlich vom Alpakafieber gepackt war, zu einer Trekkingtour überredet worden. Zu Beginn der Tour noch höchst skeptisch, ließ er sich am Schluss zu folgender Aussage hinreißen: „Tiere, die die Weide schonen, Hightechfaser liefern und ungemein sympathisch sind, Alpakas sind eigentlich perfekt.“

Ob es unser Drehbuch mit dem roten Faden war, das ihn überzeugt hat oder er den Alpakas zu tief in die Augen geblickt hat - wir wissen es nicht!